Pflegende Angehörige stehen weltweit vor großen Herausforderungen, aber die Art und Weise, wie diese Herausforderungen angegangen werden, variiert stark von Land zu Land. In Deutschland beispielsweise tragen viele Familien die Hauptlast der Pflege älterer Menschen, was zu erheblichen Belastungen führen kann.
Oftmals sind die Unterstützungsangebote begrenzt, und pflegende Angehörige fühlen sich finanziell, emotional und körperlich überfordert. Dies ist in vielen westlichen Ländern ähnlich, doch es gibt einige Länder, die bessere Strukturen zur Unterstützung und Belohnung von Pflegenden aufgebaut haben.
Deutschland: Pflegende Angehörige unter Druck
In Deutschland ist die Pflege von Angehörigen oft eine kostspielige und anstrengende Aufgabe. Das Pflegesystem bietet zwar finanzielle Unterstützung, wie Pflegegeld oder die Option auf professionelle Pflegehilfe, aber diese Hilfen reichen oft nicht aus oder ist so kompliziert zu beantragen, dass es überfordernd ist.
Auch sind die Hilfsangebote meist nicht flexibel. Pflegende Angehörige berichten häufig von körperlicher Erschöpfung und emotionalem Stress, da sie sich oft alleine gelassen fühlen. Auch die Anerkennung für ihre Arbeit bleibt oft aus. Die Pflegeversicherung deckt viele Kosten nur teilweise ab, und trotz gesetzlicher Regelungen zur Entlastung (wie z.B. der Möglichkeit, Pflegezeit zu nehmen) bleibt die Situation für viele prekär.
Viele Angehörige müssen 24 h pflegen und dies bedeutet ständige Bereitschaft, was für niemanden gesund ist. Sie können nicht mehr richtig abschalten, denn, wenn sie es versuchen, kann es jederzeit sein, dass ihr Pflegling gerade Hilfe braucht. Dieses permanente unter Strom stehen ist für
Pflegende Angehörige das Schlimmste an der Situation.
Zudem werden sie mit vielen neuen Aufgabenbereichen alleine gelassen, bzw. Staat, Krankenkassen, Gesellschaft nehmen völlig selbstverständlich an, dass sie alles selber schaffen. Wer macht die Steuererklärung für demente Angehörige? Wer regelt alle finanziellen Angelegenheiten? All das sind zusätzliche Belastungen zum eigenen Leben mit all seinen Aufgaben und Pflichten. Für diesen Aufwand werden die Angehörigen nicht entschädigt.
Den Pflegenden Angehörigen fallen zuhause alle Aufgaben zu, die im Heim von vielen verschiedenen Personen erledigt werden. Neben der körperlichen Pflege und Medikamentengabe, kommt die Organisation der Therapien und Arztbesuche, der Haushalt und die Haushaltsführung.
Zu diesen nüchternen Aufgaben muss aber auch die Psyche des Pflegebedürftigen versorgt werden und so müssen die Pflegenden Angehörigen meist selbst nach Beschäftigung und Motivation suchen, wie alte Hobbys reaktivieren,
Puzzeln, Rätseln, Spielen.
Vergleich zu anderen Ländern
1. Skandinavische Länder (z.B. Schweden, Norwegen)
Die skandinavischen Länder sind bekannt für ihre gut entwickelten Wohlfahrtssysteme. In Schweden und Norwegen wird die Pflege älterer Menschen weitgehend vom Staat organisiert und finanziert. Professionelle Pflegekräfte übernehmen einen Großteil der Pflege, sodass Angehörige weniger stark belastet sind.
In diesen Ländern ist die Pflegeinfrastruktur umfassend ausgebaut, und es gibt großzügige soziale Sicherungssysteme, die sowohl pflegebedürftigen Personen als auch ihren Angehörigen zugutekommen. Hier spielt die Wertschätzung für Pflege eine große Rolle, und pflegende Angehörige erhalten mehr Unterstützung und Anerkennung.
2. Japan
Japan, mit einer der ältesten Bevölkerungen der Welt, steht vor einer massiven Herausforderung im Umgang mit Pflegebedürftigen. Das Land hat ein universelles Pflegeversicherungssystem eingeführt, das Pflegebedürftige unterstützt, indem es sowohl professionelle Pflege als auch Hilfe für pflegende Angehörige finanziert.
Die Pflege von älteren Menschen wird als nationale Priorität angesehen, und es gibt zahlreiche Technologien und Programme, die die Pflege erleichtern. Auch die Integration von Robotik in die Pflege wird in Japan vorangetrieben, um den Mangel an Pflegekräften zu kompensieren.
3. Niederlande
Die Niederlande haben ein sehr fortschrittliches Pflegesystem, das auf dem Konzept der Gemeinschaftspflege basiert. Es gibt ein starkes Netzwerk von professionellen Pflegeeinrichtungen, und gleichzeitig werden pflegende Angehörige finanziell und emotional unterstützt.
Durch Programme wie „Buurtzorg“, bei denen kleine Teams von Pflegefachkräften in der Nachbarschaft arbeiten, wird die Pflege persönlicher und effizienter organisiert. Pflegende Angehörige werden hier durch Beratungsangebote und Entlastungsdienste stärker unterstützt als in vielen anderen Ländern.
4. USA
In den USA gibt es kein universelles Pflegeversicherungssystem, und die Pflege älterer Menschen fällt oft in die Verantwortung der Familien. Allerdings bieten einige Bundesstaaten finanzielle Unterstützung oder Steuervergünstigungen für pflegende Angehörige an.
Die Kosten für professionelle Pflege sind in den USA extrem hoch, und ohne entsprechende private Versicherungen sind viele Familien finanziell überfordert. Es gibt jedoch einige gemeinnützige Organisationen und private Programme, die pflegende Angehörige unterstützen, aber die Belastung bleibt hoch.
5. Polen
Auch Polen hat sich als Ziel für Pflegebedürftige etabliert, die eine professionelle, aber zugleich liebevolle Pflege suchen. Viele Pflegeeinrichtungen bieten umfassende Dienstleistungen zu relativ niedrigen Kosten im Vergleich zu Westeuropa. Polen hat in den letzten Jahren den Bereich der Langzeitpflege stark ausgebaut und bietet moderne Pflegeheime mit hoher Lebensqualität. Pflegebedürftige aus Deutschland und anderen europäischen Ländern reisen zunehmend nach Polen, um dort gut betreut zu werden.
6. Tschechien
Tschechien ist ebenfalls ein beliebtes Ziel für Pflegebedürftige, insbesondere aus Deutschland und Österreich. Das Land bietet spezialisierte Pflegeeinrichtungen, die sich auf Rehabilitation und Langzeitpflege konzentrieren. Ähnlich wie in Polen sind die Kosten für Pflege hier vergleichsweise niedrig, während das Niveau der Pflege hoch bleibt. Die Nähe zu Deutschland und Österreich macht es für Angehörige einfacher, ihre Verwandten zu besuchen.
7. Spanien
In Spanien gibt es eine wachsende Anzahl von Pflegeeinrichtungen, die sich auf die Betreuung älterer Menschen spezialisiert haben. Besonders im Süden des Landes, wo das Klima angenehm mild ist, haben sich viele Pflegeeinrichtungen auf internationale Gäste eingestellt.
Die Pflege wird hier oft in einem familiären Umfeld angeboten, was für viele Pflegebedürftige und ihre Angehörigen attraktiv ist. Darüber hinaus werden hier auch Urlaubsangebote mit Pflege kombiniert, sodass pflegebedürftige Menschen eine Auszeit am Meer genießen können, ohne auf notwendige Betreuung verzichten zu müssen.
8. Portugal
Portugal ist ein weiteres Land, das sich als Reiseziel für Pflegebedürftige etabliert hat. Hier werden hochwertige Pflegeeinrichtungen mit einem hohen Maß an persönlicher Betreuung und Aufmerksamkeit kombiniert.
Die milden Temperaturen und das mediterrane Lebensgefühl tragen zur allgemeinen Erholung bei. Ähnlich wie in Spanien gibt es auch in Portugal Pflegeurlaubsangebote, bei denen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen gemeinsam entspannen können, während gleichzeitig eine professionelle Pflege sichergestellt wird.
Zusammengefasst
Länder wie Ungarn, Polen, Tschechien, Spanien und Portugal bieten nicht nur hochwertige Pflege, sondern auch innovative Lösungen, wie Pflegeurlaube, die pflegende Angehörige entlasten und gleichzeitig den Pflegebedürftigen eine angenehme und würdevolle Betreuung bieten. Diese Länder haben verstanden, dass Pflege mehr als nur medizinische Versorgung bedeutet und legen Wert auf individuelle und liebevolle Betreuung in einem angenehmen Umfeld.
Das Konzept dieser Pflegeurlaube wird als eine Win-Win-Situation betrachtet: Pflegende Angehörige können eine Auszeit nehmen, während die Pflegebedürftigen in modernen Einrichtungen versorgt werden, die häufig auch Rehabilitationsmaßnahmen und Therapien anbieten. Diese Angebote zielen darauf ab, den Stress und die Belastungen der häuslichen Pflege zu reduzieren und sowohl physische als auch psychische Erholung zu fördern.
Deutschland hat in allen Punkten enorm Nachholbedarf. Man merkt, dass wir in einer leistungsorientierten Gesellschaft leben, wo das Soziale nicht viel gilt.